25 Jahre ETFs in Deutschland: Von der Nische zum Milliardenmarkt

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Am 11. April 2000 wurden die ersten beiden ETFs in Deutschland gelistet. ETF-Experte Jan Altmann spielte dabei eine entscheidende Rolle – er leitete damals bei der Deutschen Börse das Team, das dieses Marktsegment entwickelte. Doch der Weg dahin war steinig.

25 Jahre ETFs in Deutschland: Von der Nische zum Milliardenmarkt
 
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Widerstand und Herausforderungen

In Deutschland gab es – anders als in den USA – lange Zeit weder Indexfonds noch ETFs. Das lag am Widerstand aus der aktiven Fondsindustrie: „Die haben das als Margendruck, als Angriff auf ihr Geschäftsmodell gesehen“, sagt Altmann.
Denn aktive Fonds waren damals extrem lukrativ – für die Banken: „Der Ausgabeaufschlag für Fonds, das war damals was ganz Normales. Für die Ehre, einen Fondsanteil zu erwerben, habe ich damals drei bis fünf Prozent meines Investments bezahlt. Das ist heute mit ETFs völlig undenkbar.“
Auch innerhalb der Deutschen Börse wurde das Thema ETFs eher stiefmütterlich behandelt, denn die Börse gehörte damals großen Banken, die wenig Interesse an einer kostengünstigen Alternative zu aktiv verwalteten Fonds hatten. Doch das Projekt fand Unterstützung von der Indexabteilung der Deutschen Börse.

Das Rennen um den Start

Ein entscheidender Impuls kam von Merrill Lynch. Der Anbieter wollte zwei ETFs auf den Markt bringen – und zwar möglichst noch im April 2000. Das sorgte für einen gewissen Zeitdruck. Außerdem wollte Altmann der Konkurrenz in London und Paris zuvorkommen: Denn wer zuerst startet, hat die besten Chancen auf Marktanteile.
Die Deutsche Börse hatte einen entscheidenden Vorteil: Sie hatte bereits das Xetra-Handelssystem eingeführt. Dabei wurde die Mindestgröße pro Order auf eine Aktie beziehungsweise auf einen Anteil heruntergesetzt. „Ideal für ETFs“, sagt Altmann.
Und es gelang: Am 11. April 2000 wurden die ersten beiden ETFs (ein Stoxx Europe 50 und ein Euro Stoxx 50 ETF) an der Deutschen Börse gelistet. Die Londoner Börse folgte im Mai, die Finanzplätze in Paris und der Schweiz noch später.

Schlechtes Timing

Der Zeitpunkt der Einführung hätte jedoch kaum ungünstiger sein können. ETFs und Aktien großer Unternehmen waren damals unpopulär – stattdessen fokussierten sich Privatanleger wie institutionelle Investoren auf den Neuen Markt.
Der brach kurz vor der Einführung der ETFs zusammen: „Ich glaube, das All Time High vom Neuen Markt Index war am 11. und 10. März 2000“, erinnert sich Altmann. „Einen Monat später kamen die ETFs und danach ging es mit dem Neuen Markt rapide bergab.“
Ein Jahr später folgte die Katastrophe von 9/11, und wenige Jahre später erschütterte die Finanzkrise 2008/2009 die Märkte erneut. Eine schwierige Zeit für Anleger.

Die ersten beiden ETFs Europas im Vergleich: April 2000 bis April 2025

Die ersten beiden ETFs Europas im Vergleich: April 2000 bis April 2025
Quelle: justETF Research; Stand: 02.04.2025

Die ersten Anbieter und Deutschlands Vorreiterrolle

Trotzdem wurden ETFs nach und nach beliebter: Die HypoVereinsbank stieg in das ETF-Geschäft ein und gründete dafür den ETF-Anbieter Indexchange, der Anfang 2001 den ersten DAX-ETF auf den Markt brachte.
Weitere Anbieter folgten rasch: Zunächst versuchte sich die DWS an aktiven ETFs. 2002 launchte die Union Investment unter dem Label „Unico“ den weltweit ersten MSCI-World-ETF. Wenig später folgte iShares mit dem ersten Anleihe-ETF. Die UBS fokussierte sich auf die Schweiz und Luxemburg, Lyxor bildete erstmals den CAC 40 an der Pariser Börse nach.
Deutschland entwickelte sich schnell zum führenden ETF-Markt in Europa. Ein Grund dafür war die föderale Struktur mit vielen Regionalbörsen, die eigene Preismodelle entwickelten. Diese zahlten Rückvergütungen an Broker („Payment for Order Flow“), was das Geschäftsmodell der Neobroker ermöglichte und den kostengünstigen Handel mit ETFs förderte.
Ein weiterer Erfolgsfaktor: ETF-Sparpläne, die sich besonders in Deutschland großer Beliebtheit erfreuen und viele Privatanleger an ETFs heranführten.

ETF-Trends, Entwicklungen und Misstrauen

Im Laufe der Jahre kamen immer neue ETF-Trends auf: 2004 gab es den ersten Gold-ETC. Bis 2009 boomten die Dividenden-ETFs, danach sanken allerdings die Dividenden und die Anbieter entwickelten ein neues Konzept: Faktor-ETFs.
2013 folgte ein „Feuerwerk der Themen-ETFs“, wie es Altmann beschreibt, zum Beispiel zu Robotik und Clean Energy. Später erlebten nachhaltige ETFs einen Boom.
„Und der letzte Trend, den ich sehe, sind aktive ETFs“, sagt Altmann. „Auch kurios, weil es die ja 2001 oder 2002 schon mal gab – die sind auch wieder in der Versenkungen verschwunden und heute sind sie die Hoffnung vieler aktiven Fondsanbieter, vom ETF-Markt was abzuschöpfen.“
2011 kam es zu einer Welle der Skepsis gegenüber synthetischen ETFs. Kritiker warnten vor einem höheren Pleiterisiko, obwohl Sicherheitsmechanismen existierten, die sich bereits in der Finanzkrise 2008/09 bewährt hatten. Die Vorwürfe führten dennoch dazu, dass die Zahl synthetischer ETFs zurückging.
Im Gegenzug wurden physische ETFs hinterfragt, weil sie Wertpapierleihe betrieben. Die europäische Wertpapieraufsicht ESMA reagierte mit strengeren Regeln, die sicherstellen sollten, dass Gewinne aus der Wertpapierleihe den Anlegern zugutekommen.
 

Fazit

ETFs hatten einen schwierigen Start und waren anfangs ein Profi-Produkt, das vor allem von Investmentbanken gehandelt wurde. Erst später wurden sie auch für Privatanleger interessant.
Heute werden in Europa rund 2,2 Billionen Euro in ETFs verwaltet, in den USA sogar noch mehr. Dennoch machen ETFs in Europa erst etwa ein Fünftel des gesamten Marktes für Publikumsfonds aus.
Von einem Nischenprodukt für institutionelle Investoren haben sich ETFs zu einem zentralen Bestandteil der Geldanlage entwickelt. Trotz anfänglicher Widerstände hat sich das Konzept durchgesetzt und geprägt, wie heute weltweit investiert wird. Mit Trends wie Sparplänen, thematischen ETFs und aktiven ETFs wird der Markt weiter wachsen – und Deutschland bleibt ein wichtiger Treiber dieser Entwicklung.
 
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