Anders als bei Verkaufsprospekten und KIIDs ist die Herausgabe von Factsheets nicht gesetzlich vorgeschrieben und schon gar nicht standardisiert. Die offiziellen aktuellen Factsheets der ETF-Anbieter haben wir dir immer auf der Profilseite des jeweiligen ETF etwas weiter unten bei "Dokumenten" verlinkt. Um zu beschreiben, welche Informationen du auf einem Factsheet findest, haben wir für dich beispielhaft das Factsheet eines iShares MSCI World ETF für die Erklärung gewählt.
So liest und verstehst du alle wichtigen Informationen über den ETF
Auf den meisten Factsheets ist ganz oben das Logo des Anbieters zu sehen. In der Regel stehen direkt darunter der ETF-Name in voller Länge und der jeweilige Stand. Factsheets werden bei den meisten Anbietern mindestens monatlich aktualisiert. Darin wird oft auch das vierstellige Kürzel erwähnt, mit dem du den ETF bei vielen Brokern sowie in der justETF Suche schnell findest.
Meist ganz in der Nähe findest du Angaben wie Fondsbeschreibung, Anlageziel und Fondsinformation. Hier kannst du in wenigen Worten nachlesen, wie der ETF investiert und wie er funktioniert.
Zudem findest du immer eine Sektion, die „Eckdaten”, „Charakteristika” oder auch „Key Facts” heißt. Dort werden wichtige Eigenschaften rund um den ETF, wie zum Beispiel die Replikationsmethode und die Währung des Fonds, übersichtlich in einer Tabelle dargestellt.
Auch Kennzahlen, die für die Kosten entscheidend sind, werden hier erwähnt. Das beinhaltet vor allem die Kennzahl für die laufenden Kosten TER (engl. „Total Expense Ratio”), die Verwaltungsgebühr oder die Ausschüttungsmethode. Der sogenannte „Inventarwert” (Preis eines Anteils) und die Größe des Fonds werden in der Regel ebenfalls genannt.
Unser Tipp: Ein Fonds kann mehrere Anteilsklassen mit unterschiedlichen Eigenschaften besitzen. Wenn du dir Fondsdaten anschaust, dann sind dies in der Regel die Daten für eine bestimmte Anteilsklasse.
Keine Sorge, wenn dir hier noch ein paar Begriffe neu sind. Am Ende dieses Artikels haben wir ein Glossar mit den wichtigsten Termini für dich erstellt.
Neben den wichtigsten Merkmalen zeigen sehr viele Anbieter auf dem Factsheet eine grafische und tabellarische Darstellung der Leistungszahlen. An erster Stelle steht die Wertentwicklung/Rendite des Produkts, oft auch im direkten Vergleich mit dem zugrunde liegenden Index.
Neben der sogenannten „Tracking-Differenz”, also der Abweichung der Rendite zum Index, findest du hier ebenfalls oft den „Tracking Error” (Maß für die Qualität der Indexnachbildung) sowie die Volatilität (Maß für das Risiko bzw. Schwankungsanfälligkeit des ETF).
Wichtig bei der Analyse der Kennzahlen: Diese werden immer in der Fondswährung angegeben. Die Fondswährung ist sozusagen die Währung der Fondsbuchhaltung. Bei justETF stellen wir jedoch Rendite- und Risikokennzahlen für eine Anteilsklasse immer in einer von dir gewählten, einheitlichen Währung dar. Das erleichtert den Vergleich der ETFs untereinander.
Unter der Überschrift „Risiko” oder „Risikoprofil” findest du auf einem Factsheet zudem häufig weitere Erläuterungen und Hinweise, welche Risiken du bei einem Investment in den ETF eingehst.
Beispiele hierfür sind
Im unteren Bereich gibt es meist noch eine Tabelle mit der Überschrift „Handelsinformationen”. Hier findest du die Handelsplätze aufgelistet, an denen du den ETF kaufen beziehungsweise verkaufen kannst. Als Anlegerin oder Anleger aus Deutschland sind für dich die deutschen Börsen am interessantesten, da die Ordergebühren bei ausländischen Börsen deutlich höher ausfallen können.
Informationen über den Index bzw. die ETF-Bestandteile
Ein gutes Factsheet beinhaltet auch Informationen zu den Bestandteilen des ETF. So bieten viele Anbieter in ihrem Factsheet zum Teil detaillierte Informationen über den Index an, der dem ETF zugrunde liegt.
Unter der Überschrift „Indexbeschreibung” findest du nicht selten allgemeine Informationen zum Index in kurzen Sätzen ausformuliert. Anbei liegt häufig eine Tabelle, die wichtige Merkmale des Index übersichtlich darstellt. Teil dieser Übersicht sind fast immer Angaben wie der Indexname, Indextyp, die Anzahl der Indexkomponenten und die Neugewichtungsfrequenz.
Neben den allgemeinen Indexinformationen findest du bei einigen Anbietern fundamentale Kennzahlen des Index, wie zum Beispiel die Dividendenrendite, KGV und Börsenkapitalisierung.
justETF Tipp: Achte darauf, dass der ETF eine ausreichend breite Streuung aufweist. Es kann vorkommen, dass einzelne Länder und Branchen eine sehr starke Gewichtung haben und damit überproportional die Wertentwicklung des Index bestimmen. Das Gleiche gilt für die größten Positionen. Je größer der Anteil eines einzelnen Unternehmens, desto größer das Einzeltitelrisiko.
Sehr nützlich ist eine Analyse der ETF-Bestandteile. Bei unserem Beispiel-Factsheet gibt der Anbieter Auskunft über die Verteilung des Fondsvermögens auf Branchen und Sektoren sowie einen Einblick in die zehn stärksten Werte. Diese Darstellungen ändern sich je nach Marktlage und in Abhängigkeit der Indexzusammensetzung.
Beachte hier bitte, dass es sich bei diesen Angaben je nach Anbieter um Indexinformationen oder ETF-Informationen handelt. Falls der Anbieter zur Indexabbildung vereinfachende Methoden wie Sampling nutzt, kann sich das auf die Analyseergebnisse der ETF-Bestandteile auswirken. Bei vollständig replizierenden ETFs macht dies jedoch meist keinen Unterschied. Wird der Index synthetisch abgebildet, beziehen sich diese Strukturinformationen meist auf den Index.
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Die Factsheets für Anleihen-ETFs enthalten nicht immer leicht verständliche Angaben aus der Welt des Anleihen-Investments. Dabei geht es um Angaben wie zur modifizierten Duration, zur Höhe des durchschnittlichen Kupons oder der Effektiv-Verzinsung. So könnten diese Angaben auf dem Factsheet am Beispiel des Vanguard EUR Eurozone Government Bond UCITS ETF aussehen:
Weitere Punkte, die so nur bei Anleihen zu finden sind, sind die Aufteilung nach dem Rating des Emittenten und die Aufteilung nach der Restlaufzeit. Beide Angaben sind in der Regel in einem Kreis- oder Balkendiagramm dargestellt.
Wichtig zu wissen ist für dich, dass Factsheets in keinster Weise standardisiert sind. Manche Factsheets präsentieren etwas mehr, andere weniger Informationen als hier dargestellt. Auch die Überschriften und Begrifflichkeiten können sich von Anbieter zu Anbieter unterscheiden.
Wichtige Begriffe für das Lesen eines Factsheets
Anteilsklasse
In Europa können zu jedem Fonds separate Anteilsklassen aufgelegt werden. Diese können anhand der Wertpapierkennnummer oder ISIN eindeutig identifiziert werden. Anteilsklassen unterscheiden sich oft in der Distributionspolitik, dem Listing an bestimmten Börsen oder der Währungsabsicherung. Der Vorteil: Es muss nicht für jede Anteilsklasse ein eigener Fonds aufgelegt werden. Das spart Kosten.
Ausschüttung
Hier wird angegeben, wie der ETF mit den Erträgen (z. B. Kuponzahlungen oder Dividenden) umgeht. Diese werden entweder ausgeschüttet, also zu regelmäßigen Terminen an Anlegerinnen und Anleger ausgezahlt, oder aber thesauriert, nämlich direkt in den ETF selbst reinvestiert.
Börsenkapitalisierung
Die Börsenkapitalisierung gibt an, welchen Wert die Gesamtheit aller frei an der Börse handelbaren Aktien eines Unternehmens hat. Er berechnet sich aus dem aktuellen Kurs der Aktien multipliziert mit der Anzahl aller Aktien.
Dividendenrendite
Die Dividendenrendite gibt meist an, wie hoch die Ausschüttungen der letzten zwölf Monate im Verhältnis zum heutigen NAV sind.
Domizil
In diesem Land hat der ETF seinen Ursprung und seinen rechtlichen Sitz. Dies spielt für die meisten Anlegerinnen und Anleger kaum eine Rolle. Lediglich bei US-Aktien kann das Domizil Irland einen Steuervorteil bieten und du kannst US-Quellensteuer sparen.
Fondswährung/Währung der Anteilsklasse
Als Fondswährung bezeichnet man die Währung, in der ein Anlagefonds seine Rechnung führt und Anteile herausgibt und zurücknimmt. Die Handelswährung kann davon abweichen. Für das eigene Investment ist die Fondswährung unerheblich. Entscheidend ist das Währungsrisiko des abgebildeten Index.
Fristigkeit
Die Fristigkeit eines Anleihen-ETF gibt die durchschnittliche Restlaufzeit aller im ETF enthaltenen Anleihen an.
Kupon (engl. „Coupon”)
Der Kupon bezeichnet denjenigen Prozentsatz, der vom summierten Nominalwert der Anleihen innerhalb des ETF ausgeschüttet wird.
Kurs-Gewinn-Verhältnis (kurz KGV)
Das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) gibt an, wie oft der Gewinn je Aktie im Kurs enthalten ist, und wird oft dazu verwendet, um den aktuellen Preis einer Aktie beziehungsweise eines Wertpapiers zu bewerten.
Modifizierte Duration
Die modifizierte Duration ist ein Maß für die Empfindlichkeit des Preises einer Anleihe gegenüber Zinsänderungen. Sie gibt an, um welchen Prozentsatz der Anleihepreis fällt, wenn der Zinssatz um 1 Prozent steigt.
Die modifizierte Duration wird ungenauer, je stärker die Zinsänderung ausfällt. Unter Zuhilfenahme der Konvexität wird die Schätzung exakter.
Nachhaltigkeit
Seit März 2021 sind die ETF-Anbieter dazu verpflichtet, ihre nachhaltigen Produkte entsprechend der von der EU entwickelten Klassifizierung für nachhaltige Investments auszuweisen. Anzugeben ist, wie und in welchem Ausmaß der ETF oder dessen Index nachhaltige Ziele erreichen soll. Die ETF-Anbieter haben begonnen, diese Pflichtangabe bei nachhaltigen ETFs auch in ihren Factsheets zu erwähnen.
Nettoinventarwert (NAV)
Der Nettoinventarwert (kurz NAV) stellt den Wert eines Anteils am ETF dar. Für die Berechnung wird der Gesamtwert des Fonds durch die Anzahl der Anteile geteilt. Der NAV ist der offizielle Kurs des ETF, der einmal täglich von der Depotbank des ETF festgestellt und von der Fondsgesellschaft bekannt gegeben wird. Er gilt als Referenz für den aktuellen inneren Wert des ETF.
Replikationsmethode
Ein ETF versucht den dazugehörigen Index möglichst präzise nachzubilden. Es ist naheliegend, dass der ETF dazu alle Titel des Index mit deren entsprechenden Gewichtungen kauft.
Da es aber sehr aufwändig und kostspielig sein kann, extrem große Indizes mit sehr vielen gering gewichteten Titeln auf diese Weise zu replizieren, kaufen viele ETFs auch nur einen Teil des Index. Diese Methode bezeichnet man als Sampling. Die dritte mögliche Replikationsmethode ist der Swap.
Ausführliche Informationen hierzu findest du in unserem Artikel Replikationsmethoden von ETFs.
Total Expense Ratio (TER)
Die Total Expense Ratio ist die Gebühr, die von den ETF-Anbietern für die Verwaltung des ETF verlangt wird. Sie wird in Prozent pro Jahr angegeben.