Doch jetzt revolutionieren Online Broker mit komplett provisionsfreiem Handel von Aktien, Derivaten und ETFs das Börsengeschäft und die deutsche Aktienkultur. Vorreiter ist Trade Republic, seit Anfang 2019 am Markt. Trade Republic bezeichnet sich selbst als „Deutschlands erster mobiler und provisionsfreier Broker”. Seit Oktober und November 2019 sind mit GRATISBROKER und justTRADE zwei weitere kostenlose Broker live.
Alles kostenlos? Kann das wirklich sein? Wo ist der Haken bei diesen Angeboten? Wir haben für Sie die Geschäftsmodelle der Broker genau unter die Lupe genommen. Wir zeigen auf, worin sich die Anbieter unterscheiden und für welchen Anlegertyp sich die Angebote eignen.
Kostenlose Online Broker: Das unterscheidet ihr Angebot von den anderen
Online Broker gibt es mittlerweile viele. Sie lassen sich grob einteilen in Vollbanken, Discount Broker und – neu – Null-Provisionen-Broker. Aber was zeichnet diese Broker aus? Was haben sie gemeinsam und worin unterscheiden sie sich? Die folgende Grafik schafft Klarheit:Unterschiede zwischen kostenlosen Online Brokern, Discount-Brokern und Vollbanken
Quelle: justETF Research; Stand: 13.03.2020
Disclaimer: Hierbei handelt es sich um Durchschnittswerte. Bei den einzelnen Brokern können Abweichungen auftreten.
Disclaimer: Hierbei handelt es sich um Durchschnittswerte. Bei den einzelnen Brokern können Abweichungen auftreten.
Vollbanken wie die comdirect, Consorsbank oder ING bieten ihren Kunden ein Komplettangebot inklusive Girokonto, Kredit-/Debitkarte, News und Tools, umfangreichem Kundenservice sowie Handel über eine große Auswahl an Handelsplätzen. Dazu zählen insbesondere die wichtigsten inländischen und ausländischen Börsenplätze wie zum Beispiel Xetra. Außerdem können Anleger hier ETFs von allen verfügbaren Anbietern kaufen. Umfangreiche Sparplan-Angebote gehören mittlerweile zum Standardrepertoire. Für eine Order zahlen Kunden etwa 0,25 Prozent vom Ordervolumen pro Order, mindestens jedoch um die 9 Euro pro Order. Das kann von Broker zu Broker mal etwas mehr oder weniger sein. Günstiger wird es bei Aktionsangeboten für den Kauf von ausgewählten ETFs, die sowohl bei der Einmalanlage als auch bei ETF Sparplänen teils fester Bestandteil der Angebote sind. So können Anleger ausgewählte ETFs kostenlos oder zu deutlich reduzierten Gebühren handeln.
Die Discount-Broker Smartbroker, onvista und flatex punkten mit geringeren Ordergebühren. Als Richtwert gelten im Segment der Discount-Broker etwa 5 Euro pro Order, unabhängig vom Orderbetrag. Außerdem erhalten Anleger ein umfangreiches Handelsangebot an Börsen und Direkthandelsplätzen. Auch hier finden Sie vielfältige ETF Sparplan- und Aktionsangebote vor. ETFs aller Anbieter sind ebenfalls uneingeschränkt handelbar. Girokonto, Kredit- und Debitkarte sowie Newsangebote fallen sowohl bei Discount- als auch bei Null-Provisionen-Brokern weg.
Bei den kostenlosen Online Brokern Trade Republic, justTRADE und GRATISBROKER können Sie ein eingeschränktes Angebot an ETFs dauerhaft kostenfrei kaufen und verkaufen. Es sind nur ETFs von bestimmten ETF-Anbietern exklusiv verfügbar. Zudem stehen dafür meist nur ein bis zwei Direkthandelspartner zur Auswahl. Wichtige Börsenplätze wie Xetra werden nicht angeboten. Mit Ausnahme von Trade Republic gehören ETF Sparpläne nicht zum Angebotsumfang der kostenlosen Online Broker. Zudem ist der Kundenservice in der Regel deutlich eingeschränkt, teils auf eine Chatfunktion begrenzt.
So viel zu den Gemeinsamkeiten und Unterschieden. Die Frage, die sich die meisten kritischen Anleger aber nun stellen: Wie ist es den Brokern überhaupt möglich, provisionsfreien Handel anzubieten?
Kostenlose Online Broker: Wie verdienen sie ihr Geld?
Die Erlöse werden vorwiegend durch Rückvergütungen erzielt, die die sogenannten „No-Fee-Broker” von ausgewählten Partnern wie den Handelsplätzen oder ETF-Anbietern erhalten. In Deutschland herrscht ein großer Konkurrenzkampf unter den Handelsplätzen. Die Broker unterhalten alle Partnerschaften mit unterschiedlichen Börsen (Trade Republic: LS Exchange, justTRADE: LS Exchange und Quotrix, GRATISBROKER: gettex). Wird nun eine Order über die No-Fee-Broker platziert, erhalten diese Rückvergütungen von den Handelsplätzen. Die Handelsplätze können sich diese Vergütungen leisten, da sie über Spreads ihr Geld verdienen. Die Spreads sind während der Öffnungszeiten zwar regulatorisch an den liquiden Referenzmarkt – meist Xetra – gebunden. Die neuen Broker bieten ihren Kunden aber verlängerte Handelszeiten an. Insbesondere vor Öffnung und nach Schließung der Xetra-Börse können größere Spreads auftreten.Neben den Partnerschaften mit den Handelsplätzen haben die Broker Vereinbarungen mit den ETF-Anbietern (Trade Republic: iShares und WisdomTree, GRATISBROKER: Xtrackers und Amundi, justTRADE: mehrere ETF-Anbieter (siehe Tabelle unten)) getroffen. Von den ETF-Anbietern erhalten die Broker weitere Rückvergütungen pro Order. Das Gleiche gilt für strukturierte Produkte wie Optionsscheine oder Zertifikate.
Wer sich für die Kosten interessiert, der kann sie vor jedem Kauf/Verkauf im sogenannten „Kostenausweis” einsehen, der für Broker vor der Orderaufgabe mittlerweile verpflichtend ist. So sind die Rückvergütungen transparent. Für Detailinformationen zu einer speziellen Transaktion können sich Anleger immer auch an den Broker direkt wenden, da Kauf und Verkauf nach MiFID II transparent ausgewiesen werden müssen.
Rückvergütungen werden neben den eigentlichen Gebühren auch von den etablierten Brokern vereinnahmt. Den neuen Playern reicht diese Vergütung aus, da sie beim Serviceumfang deutliche Abstriche machen und damit einen kleineren Kostenapparat finanzieren müssen.
Eines wird bei dem Geschäftsmodell jedoch deutlich: Null-Provisionen-Broker sind von allen Brokern diejenigen, die am abhängigsten von trade-freudigen Kunden sind, damit sie langfristig Erfolg haben. Sie erschließen mit ihrem Angebot aber auch eine neue Zielgruppe. Denn mit den niedrigen Gebühren machen sie den Handel mit Wertpapieren auch jüngeren Anlegern zugänglich, die auch gerne mal für wenige hundert Euro pro Order spekulieren.
Beim Thema Sicherheit können Anleger aber ganz entspannt bleiben, da die Wertpapiere – wie bei allen anderen Online Brokern üblich – treuhänderisch bei einer Depotbank verwahrt werden. Trade Republic lagert die Wertpapiere bei der Depotbank HSBC Deutschland. Hinter justTRADE steht die Sutor Bank, hinter GRATISBROKER die Baader Bank. Zudem sind liquide Mittel über die deutsche Einlagensicherung bis 100.000 Euro und teilweise darüber hinaus abgesichert.
Kostenlose Online Broker: neue Möglichkeiten für die Einmalanlage, das Sparen und Traden
Aufgrund der Kooperationen der Null-Provisionen-Broker mit den unterschiedlichen ETF-Anbietern können Anleger je nach Broker nur auf ein begrenztes ETF-Angebot zurückgreifen. Freier Börsenhandel ist nicht möglich. Bei Trade Republic sind über 500 ETFs verfügbar, mehr als 320 davon von ihrem strategischen Kooperationspartner iShares. Das entspricht fast der kompletten Produktpalette des größten ETF-Anbieters der Welt. Damit sind sehr viele Investmentthemen über nur einen ETF-Anbieter abgedeckt. Die restlichen ETFs/ETCs werden von WisdomTree angeboten. Der Schwerpunkt liegt dort auf Short und Leveraged ETFs/ETCs, insbesondere von Edelmetallen und Rohstoffen. justTRADE besitzt deutlich mehr Partnerschaften als Trade Republic, weshalb sich auch das ETF-Angebot größer präsentiert. Insgesamt kooperieren sie mit acht verschiedenen ETF- und ETC-Anbietern, sodass mehr als 1.000 ETFs und ETCs angeboten werden können. GRATISBROKER arbeitet nur mit Xtrackers und Amundi zusammen. Folglich können Anleger zwischen etwa 300 ETFs wählen.Bei den kostenlosen Brokern müssen Sie als Anleger zwar Abstriche bei der ETF-Auswahl machen. Jedoch können Sie bei allen dreien ETFs auf die beliebtesten und größten Indizes kaufen. Bei Investitionen in Nischenprodukte könnten allerdings Schwierigkeiten auftreten, weshalb Sie im Vorhinein prüfen sollten, ob der gewünschte ETF bei Ihrem Broker überhaupt verfügbar ist.
Die Höhe der Kostenersparnis lässt sich aber nicht pauschalisieren, da sie stark vom Handelsprofil jedes Einzelnen abhängt. Nur Trade Republic bietet den Kauf ohne Mindestordergröße an. Dafür wird 1 Euro Fremdkostenpauschale berechnet. Bei den anderen Brokern muss eine Order mindestens 500 Euro groß sein und ist dann komplett kostenfrei. Bitte beachten Sie aber, dass justTRADE Negativzinsen von -0,5 Prozent auf Guthaben verlangt.
Das Angebot für ETF-Sparer gestaltet sich überschaubar. Aktuell hat nur Trade Republic ein Sparplan-Angebot von über 320 iShares-ETFs. ETFs von anderen Anbietern gibt es nicht. Abgesehen vom eingeschränkten Angebot überzeugt der Sparplan von Trade Republic, da Kunden bei der Ausführung keine Gebühr zahlen müssen. Auch die niedrige Mindestsparrate in Höhe von 25 Euro punktet. In unserem Sparplan Test haben wir das Angebot mit „sehr gut” bewertet.
Kostenlose Online Broker: Für welchen Anlegertyp eignen sich die Angebote?
Das Angebot der Null-Provisionen-Broker wird viele Anleger ansprechen. Denn alle drei bieten kostenfreien Börsenhandel an. Einziger Haken: Sowohl die verfügbaren Handelsplätze als auch die Auswahl an ETFs sind beschränkt. Wenn Sie das nicht als Hindernis empfinden und Sie auf umfassenden Service verzichten können, kommen Sie bei den vorgestellten Brokern auf Ihre Kosten.Ob sich ein kostenloser Broker für Ihre individuellen Anforderungen eignet und ob sich ein Wechsel des Brokers tatsächlich lohnt, hängt von Ihrem persönlichen Profil ab. Viel-Trader und Einsteiger hingegen fahren mit den nicht existenten Ordergebühren der neuen kostenlosen Broker gut. Die Vereinfachung macht den Einstieg in den Wertpapierhandel leichter als je zuvor.
Das Angebot der etablierten Vollbanken ist insbesondere für Buy and Hold-Anleger attraktiv, die vom vollen Service- und Leistungsumfang profitieren. Kostenorientierte Anleger mit Fokus auf eine breite Auswahl an ETFs und Handelsplätzen sollten einen Wechsel zu einem Discount-Broker wie Smartbroker in Betracht ziehen.
Sie müssen sich aber nicht zwangsweise für den einen oder anderen Broker entscheiden. Da die meisten weder eine Depot- noch Kontoführungsgebühr verlangen, kann ein zusätzliches Depot eine interessante Alternative sein. Mit Hilfe eines Zweitdepots lassen sich unterschiedliche Anlagestrategien einfach und kostengünstig abbilden.
Vergleich der kostenlosen Online Broker
Zum Angebot |
|||
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Ordergebühren | 0 EUR + 1 EUR Fremdkostenpauschale | 0 EUR | 0 EUR |
Ordererteilung/Orderstreichung | kostenlos | in Planung | kostenlos |
Depotgebühren | |||
Guthabenzinssatz für Verrechnungskonto | 0,0% | -0,5% | 0,0% |
Ausschüttung ETFs | kostenlos | kostenlos | kostenlos |
Depotübertragung | möglich | derzeit nicht möglich | derzeit nicht möglich |
Mindestvolumen pro Order | 500 EUR | 500 EUR | |
Handelsplatz für ETF-Handel | LS Exchange | LS Exchange, Quotrix | gettex |
Angebotsumfang | Aktien: > 6.500 ETFs: > 500 ETF Sparpläne: > 320 Optionen/Zertifikate: 40.000 |
Aktien: 7.300 ETFs: 931 ETCs: 101 Optionen/Zertifikate: 500.000 |
Aktien: 3.600 ETFs: < 300 Fonds: 2.100 Optionen/Zertifikate: 60.000 |
Banklizenz | eigene Lizenz | Sutor Bank | Baader Bank AG |
Einlagensicherung | |||
Handelszeiten | 7:30 - 23:00 Uhr | 7:30 - 23:00 Uhr | 8:00 - 22:00 Uhr |
Zugriff | App | Web + App | Web + App |
Freistellungsauftrag möglich | in Planung | ||
ETF-Umfang | > 500 ETFs | 931 ETFs | < 300 ETFs |
ETF-Anbieter im Angebot | iShares, WisdomTree | Amundi, ComStage, iShares, Lyxor, UBS, VanEck, Vanguard, Xtrackers | Amundi, Xtrackers |
Sparplan-Angebot | in Planung | ||
Sparplan-Umfang | > 320 ETFs von iShares | – | – |
Kaufgebühr (Sparplan-Ausführung) | 0 EUR | – | – |
Mindestsparrate | 25 EUR | – | – |
Maximalsparrate | 5.000 EUR | – | – |
Quelle: justETF Research; Stand: 13.03.2020