100 minus Lebensalter - Vorteile und Risiken der Regel

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Für wen diese bekannte Anleger-Faustregel nützlich sein kann und welche Stärken und Schwächen sie aufweist, erfährst du in diesem Artikel.

100 minus Lebensalter - Vorteile und Risiken der Regel
 
  • Lesedauer: 5 Minuten
  • Level: Anfänger
Das erwartet dich in diesem Artikel
Die "100 minus Lebensalter"-Regel ist eine altbewährte Faustformel für Anleger, die dir hilft, dein Portfolio auf Grundlage deines Alters zwischen Aktien und Anleihen auszubalancieren. Sie ist seit Jahrzehnten bekannt und vor allem aus diesen drei Gründen beliebt:
  • Sie vereinfacht die Asset Allocation.
  • Sie bietet eine einfache Technik für Risikomanagement.
  • Sie ist auch für Anfänger einfach zu verstehen und leicht anwendbar.

Wie funktioniert die „100 minus Lebensalter“-Regel?

So einfach funktioniert die Rechnung:
  1. Subtrahiere dein Alter von 100,
  2. Das Ergebnis gibt an, wie viel Prozent deines Portfolios du in Aktien anlegen solltest,
  3. Der Rest deines Portfolios sollte sich auf Anleihen konzentrieren,
  4. Diese Aufteilung deines Portfolios aktualisierst du jährlich im Rahmen des Rebalancings entsprechend deines Alters.
Hier ein paar Beispiele:
Im Alter von 30 Jahren: 100-30 = 70 % Aktien, 30 % Anleihen
Im Alter von 31 Jahren: 100-31 = 69 % Aktien, 31 % Anleihen
Im Alter von 70 Jahren: 100-70 = 30 % Aktien, 70 % Anleihen
justETF Tipp: Diese einfache Asset Allocation kannst du sogar mit nur zwei ETFs umsetzen: Ein diversifizierter globaler Aktien-ETF kümmert sich um die Aktien, während ein hochqualitativer Staatsanleihen-ETF die Anleihen abdeckt.

Vorteile der Regel

Die "100 minus Lebensalter"-Regel zielt darauf ab, Risiko und Rendite im Laufe der Zeit auszubalancieren: Jüngere Anleger können es sich meist leisten, ein höheres Risiko einzugehen, indem sie mehr in Aktien investieren:
  • Ihr Portfolio ist zu Beginn des Anlegens relativ klein im Vergleich zum zukünftigen Ertragspotenzial.
  • Da jüngere Anleger noch viele Jahre investieren werden und der Großteil ihrer Erträge in der Zukunft liegt, können sie sich besser von Marktabschwüngen erholen.
  • Es ist daher sinnvoll, frühzeitig auf Aktien zu setzen und sich auf deren langfristiges Wachstumspotenzial zu verlassen, um im Laufe der Zeit ein Vermögen aufzubauen und vom Zinseszinseffekt zu profitieren.
Ältere Anleger, die kurz vor dem Ruhestand stehen, konzentrieren sich eher auf den Erhalt ihres Vermögens:
  • Später wollen sie ihr erwirtschaftetes Kapital vor größeren Börsencrashs schützen.
  • Älteren Anlegern bleibt bis zur Rente relativ wenig Zeit, um sich von Rückschlägen zu erholen. Daher tendiert die Regel dazu, das Risiko durch die Erhöhung defensiverer Anlageklassen im Alter zu reduzieren.
  • Hochwertige Staatsanleihen eignen sich am besten dafür, da sie tendenziell steigen oder sich stabil verhalten, wenn der Aktienmarkt schwächelt.
Der wichtigste und häufig unterschätzte Vorteil dieser Regel besteht darin, dass sie eine einfache Faustregel für Anleger in puncto Risikomanagement und Rente.
Und die kommt schneller als gedacht. Auf dem Weg dorthin fällt es vielen Menschen schwer zu beurteilen, wann sie ihre Aktien mit einem größeren Anteil Anleihen mischen sollten. Wie auch im Leben kann es mit steigendem Alter auch beim Investieren sinnvoll sein, es etwas langsamer anzugehen.
Mit der "100 minus Lebensalter"-Regel kannst du dich langsam an diese Veränderung gewöhnen:
  • 1 % weniger in Aktien pro Jahr zu investieren, macht erstmal keinen großen Unterschied.
  • Durch die jährliche Anpassung musst du nicht mehr viel über die Verteilung in deinem Portfolio nachdenken und bereitest dich langsam aber sicher auf das Alter vor.
  • Wenn du dann in Rente gehst, bist du durch eine hohe Anleihenquote vor starken Rückgängen am Aktienmarkt geschützt. Im normalen Renteneintrittsalter von 65 Jahren hättest du dann 65 % in Anleihen investiert und 35 % in Aktien.
65 % im Rentenalter in Anleihen zu investieren ist allerdings ganz schön viel. Warum, erklären wir dir jetzt!

Grenzen und Alternativen der Regel

Aktuelle Studien über den Ruhestand deuten darauf hin, dass die "100 minus Lebensalter"-Regel für die Ruhestandsplanung zu Anleihen-lastig sein könnte.
Studien auf Grundlage historischer Anlagerenditen zur sogenannten „safe withdrawal rate“ – also der Rate, die du jährlich nachhaltig aus deinem Portfolio entnehmen kannst, ohne Gefahr zu laufen, pleite zu gehen – legen nahe, dass ein Portfolio in der Rente nicht weniger als 40 % und vielleicht sogar bis zu 60 % aus Aktien bestehen sollte.
Ein Grund dafür ist, dass Menschen mit zunehmender Lebenserwartung das starke Wachstum von Aktien benötigen, um weitere Jahre ihrer Rente zu finanzieren.
Ein optimales Gleichgewicht zwischen Aktien und Anleihen vorzugeben ist allerdings schwierig, weil dieses stark von den persönlichen Umständen abhängig ist.
Dennoch wurde von einigen Experten geraten, die "100 minus Lebensalter"-Regel anzupassen, um eine Regel zu bieten, die Aktien, auch im höheren Alter, ein größeres Gewicht zuschreibt.
Die neueren, weniger gut klingenden Regeln sind:
  • 110 minus dein Lebensalter
  • 120 minus dein Lebensalter
So wird eine höhere Aktienquote errechnet. Nach der „120 minus Lebensalter“-Regel würde eine 30-Jährige so zum Beispiel 90 % in Aktien investieren.
Damit liegt der Schwerpunkt sehr stark auf Aktien. Wenn du eher risikoscheu bist, kann es Sinn machen, den Anteil zu reduzieren. Gleiches gilt, wenn du planst, vorzeitig in Rente zu gehen.
justETF Tipp: Wichtig zu wissen ist auch, dass die oben erwähnte Studie, die versucht hat, eine sichere Entnahmerate (safe withdrawal rate) für verschiedene Portfolios zu entwickeln, inzwischen als zu optimistisch gesehen wird. Nach dieser soll eine jährliche Entnahmerate von 4 % pro Jahr bei einem 60:40-Aktien-Anleihen-Portfolio immer dafür gesorgt haben, dass Anleger nicht pleite gegangen sind. Experten kritisieren, dass die Renditeerwartungen zum Teil zu hoch angesetzt wurden und die historischen Daten der Studie nicht ausreichend seien, um diese Sicherheit auch zukünftig zu gewährleisten. .

Weitere Kritikpunkte an der „100 minus Lebensalter“-Regel

Eine wesentliche Stärke der "100 minus dein Lebensalter"-Regel ist ihre Einfachheit. Gleichzeitig ist das aber auch eine Schwäche.
Das ist kein Widerspruch, sondern lediglich die Erkenntnis, dass eine einzige Faustregel nicht die gesamte Komplexität der Welt erfassen kann.
Hier sind einige wichtige Kritikpunkte, die du beachten solltest:
  • Ausgerichtet auf den Ruhestand: Die Regel hilft vor allem bei einem konventionellen Ruhestand im Alter von 65 Jahren. Nicht aber bei grundlegend anderen finanziellen Zielen.
  • Ignoriert die persönliche Risikotoleranz: Einige 60-Jährige fühlen sich mit einem risikoreicheren Portfolio vielleicht wohl, während manche 30-Jährige dabei nicht ruhig schlafen könnten.
  • Vernachlässigung anderer Einkommensquellen: Andere Einkommensquellen wie Rente, eine Pension, Mieteinnahmen aus Immobilien, Erbschaften oder ein eigenes Unternehmen können es einem Anleger ermöglichen, mit seinem Anlageportfolio mehr Risiko einzugehen.
  • Mangel an Flexibilität: Sich ändernde Marktbedingungen oder persönliche Umstände können eine Anpassung der Regel erfordern. So sind beispielsweise lange Perioden mit negativen oder nahe null liegenden Zinssätzen mit niedrigeren Anleiherenditen verbunden. In ähnlicher Weise verringert eine geringere Lebenserwartung die Relevanz der Regel.
  • Ausweichen auf andere Anlageklassen: Die Regel sagt nichts über den Nutzen von bspw. Gold und Rohstoffen. Aktien und Anleihen sollten zwar immer den Hauptanteil deines Portfolios ausmachen, aber es lohnt sich, auch andere Anlageklassen in Betracht zu ziehen.

Ist die "100 minus Lebensalter"-Regel noch zeitgemäß?

Ganz und gar nicht. Die Regel hat ihre Grenzen, aber ist auch äußerst nützlich, wenn man ihre Vor- und Nachteile versteht. Gerade zu Beginn deiner Anlegerlaufbahn bietet sie einen guten Anhaltspunkt. Durch den Zinseszins kann die Regel langfristig eine gute Strategie sein.
Auch wenn du einen konventionellen Ruhestand anstrebst, kann dir die Regel helfen, langfristig eine vielversprechende Assetallokation in deinem Portfolio zu haben.
Wenn du wenig Zeit hast oder dich nicht zu sehr mit Portfoliomanagement beschäftigen willst, nimmt dir die „100 minus Lebensalter“-Regel einen großen Teil der Arbeit ab. Ihre Grundsätze bilden die Grundlage für die Funktionsweise von sogenannten „Target date funds“, die ihre Allokation passend zum Lebenszyklus des Anlegers anpassen und mit zunehmendem Alter risikoreichere Assets zu Gunsten von sicherheitsorientierten reduzieren.
Nichtsdestotrotz sagt das Alter nur weniger über dich und deine Lebensumstände aus. Es gibt also viel Spielraum, um eine individuelle Anlagestrategie zu entwickeln, die auf dich und deine Umstände und Ziele abgestimmt ist.
In der justETF Academy findest du weitere nützliche Artikel, mit denen du dein Anlagewissen erweitern kannst.
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