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Zinswende: Was es damit auf sich hat
Die Zinswende beschreibt eine Änderung der Zinslandschaft. Zinsen bestimmen, was Kredite kosten oder wie viele Zinsen mit Sparen zu verdienen sind. Maßgeblich dabei sind die Zentralbanken und deren Leitzins. Mit der Festsetzung des Leitzinses können Zentralbanken wie die Europäische Zentralbank ungefähr steuern, wie viel Geld in einer Volkswirtschaft in den Umlauf kommt. Ist der Leitzins niedrig oder sogar negativ, sollen Banken kein Geld bei der Zentralbank hinterlegen, sondern über Kredite neues Geld in Umlauf bringen. Die Zentralbank fördert also die Verschuldung, die Geldmenge zum Beispiel des Euro wächst. Zusätzlich haben die Zentralbanken der Industrieländer seit der Finanzkrise Anleihen in ihrer Währung auf die eigene Bilanz gekauft – im Wert von vielen Billionen, mit ähnlicher Wirkung. Solange das Geld gebraucht wird und die Wirtschaft wachsen soll, scheint das alles in Ordnung. Zeigen sich Zeichen einer Überhitzung, können die Zentralbanken wieder gegensteuern. Das ist angebracht, wenn das Geld im Wert verfällt oder wenn viele Güter durch Lieferketten- und Energieengpässe teurer werden. Stichwort: Inflation. Und die spüren wir ja gerade. Mit der Umkehr der Zinspolitik verbindet sich natürlich eine gewünschte Abkühlung der Volkswirtschaften – was die Aktienmärkte auf Talfahrt schickt. Dennoch höchste Zeit für die Zinswende? Die US-Notenbank hat bereits klare Signale gegeben, dass sie den Leitzins stückweise wieder anheben und das Anleihenkaufprogramm beenden will. Auch die Europäische Zentralbank leitet mit der Erhöhung des Leitzinses im Juli 2022 um 0,5% die Zinswende ein.justETF Tipp: Den Artikel als Podcast mit der Nummer #57 finden Sie hier.
Was bedeutet die Zinswende für Anleihen?
Anleihen sind Schuldpapiere, die nach einer bestimmten Laufzeit wieder voll zurückgezahlt werden. Während der Laufzeit werden alle, die Anleihen besitzen, durch einen Zins-Coupon entschädigt. Herrscht bei der Emission einer solchen Anleihe ein niedriges allgemeines Zinsniveau, wird der Zins-Coupon in der Regel entsprechend klein sein. Investoren bekommen also nur eine kleine Gutschrift. Möglicherweise besteht bei der Emission auch eine sehr hohe Nachfrage nach den Anleihen: Diese werden dann über Emissionspreis verkauft, und der Zins sinkt im Verhältnis zum bezahlten Anschaffungspreis. Solche Effekte haben in den letzten Jahren sogar zu negativen Zinsen auf Staatsanleihen geführt. Diese Zeiten scheinen nun vorbei zu sein. Die Profis mögen darüber jubeln.Ist die Zinswende ein Grund zur Freude?
Die Freude darüber, dass es wieder Zinsen gibt, könnte jedoch mit einem Blick ins eigene Depot jäh enden: Nämlich dann, wenn man dort Anleihen-ETFs entdeckt, die seit Jahresbeginn bis zu 15 Prozent an Wert verloren haben. Aber warum? Anleihen-ETFs halten Anleihen in ihrem Bestand und die haben einen Marktpreis. Besonders Anleihen, deren Fälligkeit noch lange in der Zukunft liegt und die zu Zeiten niedriger Zinsen ausgegeben wurden, sind auf einen Schlag unbeliebt. Die Folge: Ihr Marktwert sinkt. Der Preis, der am Kapitalmarkt für so eine Anleihe zu erzielen wäre, hängt nämlich von den Erwartungen aller Investoren ab. Da ETFs fortlaufend gehandelt werden, wirken sich derartige Nachfrageschwankungen bei Anleihen auch sofort auf den Marktwert des dazugehörigen Anleihen-ETF aus. Wenn keiner die niedrig verzinsten Anleihen mehr haben will, dann sinkt auch der Preis des Anleihen-ETF.justETF Tipp: In diesem Artikel erklären wir für Sie das Zinsrisiko von Anleihen-ETFs.