Auch das Unternehmen Delivery Hero hat die Gemüter erhitzt, als es – ganz typisch Start-up – trotz großer Verluste in den DAX gelangte. Nicht zuletzt schienen 30 Werte zu wenig, um den deutschen Aktienmarkt repräsentativ abzubilden.
Neue DAX-Zusammensetzung
So wird der DAX nicht nur auf 40 Werte erweitert, sondern grunderneuert. Zunächst zu den Auswirkungen der Vergrößerung: Ab dem 20. September 2021 werden zehn neue Unternehmen im DAX enthalten sein. Bei diesen Neuankömmlingen handelt es sich ausschließlich um Unternehmen aus dem MDAX. Neu hinzukommen werden:- Airbus SE
- Zalando SE
- Siemens Healthineers AG
- Symrise AG
- HelloFresh SE
- Sartorius AG Vz
- Porsche Automobil Holding
- Brenntag SE
- Puma SE
- Qiagen N.V.
Mit der DAX-Umstellung entscheidet ausschließlich das Ranking nach Börsenwert über das Gewicht des Unternehmens im DAX. In der alten Welt war noch der Börsenumsatz ein Grund für eine Top-Position im DAX, nun wird ein Mindestumsatz genügen. Weil Airbus hauptsächlich an der Börse in Paris gehandelt wird, war der Zugang zum DAX bislang verwehrt geblieben.
Mit den Neuaufnahmen kommt es natürlich auch zu einer anderen Branchenverteilung. Der Indexanbieter der Deutschen Börse hat mit Zahlen per Ende Mai 2021 eine Schätzung abgegeben, wie die neue Verteilung aussehen könnte:
Veränderte Branchenverteilung von DAX 30 zu DAX 40
Quelle: Qontigo, Simulation der DAX-Veränderung; Stand: 19.07.2021 mit Daten vom 31.05.2021; alle Brancheneinteilungen nach ICB-Klassifizierung
Die neuen DAX-Teilnehmer verstärken also die Branchen Industrie, Einzelhandel und Gesundheitswesen. Aber der neue DAX wird weiterhin von Chemieunternehmen, Industrieunternehmen und der Autoindustrie bestimmt werden.
justETF Tipp: Alle ETFs auf den DAX und den MDAX finden Sie in unseren Anlageleitfäden DAX-ETFs: Welcher ist der beste? und MDAX-ETFs: Welcher ist der beste?.
Mehr Transparenz und Qualität der Unternehmen
Bislang war für die DAX-Mitgliedschaft auch eine Notierung im Prime-Segment der Deutschen Börse erforderlich. Dieses Segment enthält bereits klare Regeln, zum Beispiel zur Berichterstattung der Unternehmen.Der neue DAX gibt diese Bindung jedoch auf und bekommt eigene Regeln:
- Die Berichterstattung soll durchgängig besser werden: Unternehmen in den DAX-Auswahlindizes (DAX, MDAX, SDAX, TecDAX) müssen von Wirtschaftsprüfern testierte Geschäftsberichte veröffentlichen und vierteljährlich Quartalsmitteilungen veröffentlichen.
- Unternehmen sollen schneller aus dem Index ausgeschlossen werden können, wenn solche entscheidenden Dokumente wie Geschäftsberichte nicht oder nur stark verzögert veröffentlicht werden. Falls Unternehmen die Fristen zur Veröffentlichung verletzen, werden sie nach einer 30-tägigen Warnfrist unmittelbar aus dem Index ausgeschlossen.
- Die Qualität der Unternehmensführung (engl. „Governance”) bei den Unternehmen im Index soll mit einer weiteren Regelung sichergestellt werden: Alle Neuzugänge zur DAX-Familie müssen dazu den Empfehlungen des Deutschen Corporate Governance Kodex zur Einrichtung eines Prüfungsausschusses im Aufsichtsrat folgen. Dieser Ausschuss überprüft die Rechnungslegung, den Rechnungslegungsprozess, die Wirksamkeit des internen Kontrollsystems, des Risikomanagementsystems und das interne Revisionssystem. Der Ausschuss muss aus vom Unternehmen unabhängigen Mitgliedern bestehen, außerdem dürfen die Mitglieder nicht die Vertretung von Hauptaktionären des Unternehmens übernehmen. Das klingt kompliziert und aufwändig, verheißt aber mehr unabhängige Kontrolle bei der Rechnungslegung der Unternehmen über den Wirtschaftsprüfer hinaus. Bestehende DAX-Mitglieder müssen dem tatsächlich nachkommen und die Regel bis September 2022 umgesetzt haben.
- Neuzugänge müssen für den DAX ein profitables Geschäft nachweisen: Über zwei Jahre vor Indexaufnahme muss ein positives Unternehmensergebnis aus dem eigentlichen Geschäft erzielt worden sein (kurz EBITDA). Damit reagiert der Indexberechner auf die Kritik nach der Aufnahme des hochdefizitären Unternehmens Delivery Hero.
Mehr Flexibilität für DAX & Co.
Die Indexüberprüfung wird künftig nicht mehr nur noch einmal jährlich im September stattfinden, sondern gleich zweimal: Jeweils im März und September wird die Zusammensetzung des DAX und seiner Familienmitglieder MDAX, SDAX und TecDAX überprüft. Zwei weitere Quartalstermine dienen wie bisher dazu, die Gewichtung zu justieren. Der nächste Termin ist am 20. September 2021 und symbolisiert den Start für das Wachstum des DAX von 30 auf 40 Werte.justETF Tipp: In unserem Artikel Was ist ein Index? erklären wir, wie ein Index funktioniert.
Zu wenig Börsenumsatz konnte über die Aufnahme oder den Verbleib im DAX entscheiden. Damit ist jetzt Schluss. Künftig bestimmt nur noch der Börsenwert der frei handelbaren Unternehmensanteile das Gewicht im DAX. Der Börsenumsatz muss nur noch einem Minimalwert genügen. Da der Börsenhandel seit dem Start des DAX erheblich zugenommen hat, stellt das auch keinen Nachteil dar. Das neue Verfahren verwenden auch andere Auswahlindizes wie etwa der bekannte EUROSTOXX 50 oder der S&P 500 schon sehr viel länger.
Was passiert mit der DAX-Familie?
Die Erweiterung des DAX findet auf Kosten des MDAX statt. Zehn große Unternehmen steigen in den DAX auf und verringern die Zahl der MDAX-Mitglieder um zehn Werte. Der MDAX 50 bekommt zusätzlich fünf Auf- und Absteiger:Neu im MDAX (ab 20. September 2021) | Nicht mehr im MDAX (in SDAX) |
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Vantage Towers AG | 10 DAX-Zugänge plus: |
Befesa SA | HOCHTIEF AG |
zooplus AG | MorphoSys AG |
Hypoport SE | Encavis AG |
Jungheinrich AG | Nordex SE |
SHOP APOTHEKE EUROPE |
Alle anderen Indizes wie der TecDAX oder der relativ neue DAX 50 ESG behalten die Anzahl der Titel. DAX, MDAX und SDAX bauen weiterhin aufeinander auf und vereinen die größten der rund 450 an der Frankfurter Wertpapierbörse gelisteten Unternehmen.
Qontigo hat errechnet, dass der Wert der künftigen 40 Titel im DAX um rund 16 Prozent auf circa 1,4 Billionen Euro steigt, während der Wert des MDAX um rund 45 Prozent auf 190 Milliarden Euro abnimmt.
Alle 442 Werte in den Listing-Segmenten Prime Standard und General Standard waren zum Zeitpunkt der Analyse 2,5 Billionen Euro wert. Davon werden mit 40 Werten also 1,4 Billionen Euro oder rund 60 Prozent auf den künftigen DAX entfallen.
Was müssen ETF-Anlegende beachten?
Auf den DAX, MDAX und TecDAX gibt es etwa 20 ETFs, in die über 20 Milliarden Euro investiert sind. Alle ETF-Anbieter nehmen die Anpassungen zur Indexumstellung zum 20. September 2021 eigenständig vor. Kurshistorie der ETFs und Indexhistorie werden nicht angepasst, die Werte werden einfach fortgeschrieben.Ihre ETF Sparpläne auf den DAX oder MDAX-ETFs können Sie ebenfalls unbesorgt weiter laufen lassen.
Wenn Sie bereits in DAX-ETFs investiert sind, dann verändern die neuen Regelungen und die neue Zusammensetzung Ihre bisherige Investmentstrategie in positivem Maße. Die leicht veränderte Branchengewichtung hin zu Industrie, Einzelhandel und Gesundheitswesen kommt nicht zuletzt durch innovative Nachrücker aus dem MDAX zustande. Noch maßgeblicher erscheint aber die qualitative Verbesserung: Die verbesserten Transparenzkriterien und Sanktionen im Falle einer Missachtung, die Anpassung an die international gängige Methode der Titelgewichtung und die etwas breitere Streuung – das nützt allen Anlegenden.
Werden die Veränderungen am DAX nun große Auswirkungen auf die Kurse der Neuzugänge haben, weil passive ETFs diese Werte am 20. September im Portfolio haben müssen? Auch hier können wir Entwarnung geben: In DAX-ETFs sind etwa 15,8 Milliarden Euro investiert. Diese machen weniger als 1 Prozent vom Börsenwert des neuen DAX 40 aus.