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Welche typischen Fehler machen ETF-Anleger?
Am häufigsten machen Anleger die Performance ihrer ETFs durch eine schlechte ETF-Auswahl oder den Versuch, das richtige Markt-Timing abzupassen, zunichte (Bhattacharya et al., 2016, European Finance Review). Eine schlechte ETF-Auswahl bezieht sich dabei auf die Auswahl von Trend- oder Nischen-ETFs, die bestimmte Themen oder Sektoren abbilden. Der Versuch, das richtige Timing abzupassen, kann sich im sprunghaften Wechsel der Anlagestrategie zeigen, wie z.B. Investitionen aus einem Land plötzlich in das nächste zu verlagern. Laut der Studie der European Finance Review, 2016, erwirtschafteten Anleger durch diese Verhaltensweisen 1,69 % weniger Nettorendite im Vergleich zu einer Buy-and-Hold-Strategie mit dem MSCI World – und das pro Jahr (!). Die analysierten Daten, die von einem großen deutschen Broker zur Verfügung gestellt wurden, zeigen außerdem, dass der größte Teil dieses Verlusts (1,28 % von 1,69 % pro Jahr) auf eine schlechte ETF-Auswahl zurückzuführen ist. Diese schneiden nämlich schlechter ab als ein diversifizierter MSCI World ETF. Die verbleibenden 0,41 % des Gesamtverlusts wurden durch schlechtes Markt-Timing verursacht, wobei die Anleger dem gefürchteten "Kaufe hoch, verkaufe niedrig"-Syndrom erlagen.Das kosten dich deine Fehler
1,69 % weniger Rendite pro Jahr mag im ersten Moment nicht so schlimm klingen, aber dieser Renditeunterschied ist enorm. Langfristig gesehen, können dir so sechsstellige Summen entgehen, wie folgendes Rechenbeispiel zeigt: Stell dir vor, du zahlst 30 Jahre lang jeden Monat 500 € in dein ETF-Portfolio ein. Dieses wächst jährlich um 4,31 % (6 % MSCI World Rendite minus der 1,69 %, die durch falsche ETF-Auswahl und Markt-Timing verloren gehen), sodass du am Ende des Zeitraums einen Depotwert von 368.177 € erwirtschaftet hast. Alternativ dazu hättest du denselben Betrag in einen günstigen MSCI World ETF investieren können, der jährlich um ca. 6 % gewachsen ist und der laufende Kosten in Höhe von 0,10 % aufweist. Nach 30 Jahren wäre der Gewinn um etwa 35 % höher und läge somit bei 495.180 €. Das wären stolze 127.000 € mehr Endvermögen. Das ist ein enormer Unterschied in den Ergebnissen, der im schlimmsten Fall den Unterschied zwischen einem finanziell sorgenfreien und einem finanziell angespannten Ruhestand ausmachen kann.Das Problem mit dem Markt-Timing
Die Studie Abusing ETFs von European Finance Review, 2016, bestätigt die Erkenntnisse anderer Praktiker (wie dem Vanguard-Gründer John Bogle), die ETF-Anlegern seit langem kostengünstige, diversifizierte Portfolios empfehlen. „Wir kommen zu dem Schluss, dass der durchschnittliche Anleger von der Verwendung von ETFs hätte profitieren können, wenn er den Richtlinien der klassischen Finanztheorie gefolgt wäre“ (Bhattacharya et al., 2016, p. 4, European Finance Review). Diese Theorie besagt, dass die globalen Aktienmärkte effizient sind. Das bedeutet, dass die aktuellen Kurse alle bekannten Informationen widerspiegeln und neue Informationen quasi sofort eingepreist werden. Da viele Anleger allerdings keinen Zugang zu diesen detailreichen, teils unzugänglichen oder nicht vorhandenen Informationen haben, ist es unwahrscheinlich, dass sie die Marktrendite mit diesem limitierten Wissen übertreffen. Hinzu kommt, dass Profi-Investoren durch Zuhilfenahme teurer Software und automatisiertem Trading ohnehin immer einen Schritt vor uns „normalen“ Privatanlegern sind. Wählst du also ein Portfolio, dass nicht den gesamten, globalen Aktienmarkt abbildet, besteht die Gefahr, dass dieses nicht besonders erfolgreich performt. Aus diesem Grund entscheiden sich rationale Anleger für breit diversifizierte ETFs, wie z.B. den MSCI World. Das ist die günstigste und bequemste Methode, um diversifiziert und mit guten Renditechancen zu investieren. Warren Buffett, einer der größten Investoren aller Zeiten, meint sogar, dass ein kostengünstiger Indexfonds für die große Mehrheit der Anleger die sinnvollste Aktienanlage ist. Wenn man jedoch von der allgemeinen Meinung abweicht, geht man davon aus, etwas zu wissen, was andere Anleger nicht wissen. Beispielsweise ist die rasante und vielversprechende Entwicklung von Künstlicher Intelligenz mittlerweile in aller Munde. Wenn du jetzt aber doppelt so viel Geld in KI investierst, wie alle anderen Anleger, spekulierst du darauf, dass KI noch wertvoller werden wird, als der Rest der Anleger aktuell glaubt. Vielleicht hast du recht und der KI-ETF schlägt in ein paar Jahren den MSCI World. Oder du hast Unrecht und verlierst eine Menge Geld. Das Risiko sich zu irren ist also sehr hoch. Wie die Studie zeigt, schätzen die meisten Menschen den Markt falsch ein: Im Durchschnitt haben die Anleger 1,28 % Verlust gemacht, weil sie nicht einfach in einen MSCI World investiert haben, sondern risikoreichere Investitionen bevorzugten.Können oder Glück?
Besonders erfahrene und gut informierte Anleger können Durchschnittsrenditen allerdings durch ihr Fachwissen übertreffen. Diese nutzen oft die Fehlentscheidungen anderer aus und können so von hohen Renditen profitieren, oder? Die Forscher der Studie untersuchten diese Theorie, indem sie prüften, ob bestimmte Anleger für einen unverhältnismäßig hohen Anteil an schlechten Ergebnissen verantwortlich waren. Zunächst sortierten sie die Anleger nach Typ:- Typ 1: Übermütig (Overconfident) – gemessen am Portfolioumsatz änderten Übermütige die Zusammensetzung ihrer Portfolios schneller als weniger Übermütige – oder netter ausgedrückt: Selbstbewusste.
- Typ 2: Finanziell versiert – eine größere Portfoliodiversifizierung und höhere Werte deuten hier auf ein höheres Maß an Anlagekompetenz hin.
- Fähigkeit zur ETF-Auswahl
- Fähigkeit zum Markt-Timing
- Risikobereinigte Renditen
- Gesamtperformance
ETFs funktionieren, wenn …
Die Forscher fanden außerdem heraus, dass die Investition in ETFs allein das Verhalten von Anlegern, die ihr Portfolio aktiv verwalten und auch mit anderen Vermögenswerten handeln, nicht verbesserte – ETFs an sich sind also noch nicht die Lösung: „Anleger scheinen also beim Handel mit ETFs die gleichen Fehler zu machen, die sie beim Handel ohne ETFs gemacht haben“ (Bhattacharya et al., 2016, p.4, European Finance Review). Diese Fehler beim aktiven Investieren solltest du also vermeiden:- Zu viel handeln
- Zum falschen Zeitpunkt handeln
- Dein Portfolio nicht ausreichend diversifizieren