Eigentlich hatte der 6. November mit der Wahl des neuen alten US-Präsidenten Donald Trump genug politischen Sprengstoff zu bieten. Doch am Abend kam dann der nächste Paukenschlag – diesmal aus Berlin: Bundeskanzler Olaf Scholz entlässt Finanzminister Christian Lindner aus seinem Kabinett. Lindners Nachfolger wird Staatssekretär Jörg Kukies, der bisher Scholz’ Wirtschaftsberater war.
Bereits am Abend verkündete Scholz seinen Fahrplan für die nächsten Wochen: Im Januar will er die Vertrauensfrage im Bundestag stellen. Wird dem Kanzler dabei das Vertrauen entzogen, kann er den Bundespräsidenten um die Auflösung des Parlaments bitten. Damit ist der Weg für Neuwahlen frei. Diese könnten, gemäß den Regeln des Grundgesetzes, bis Ende März erfolgen.
Der Grund, weshalb Scholz die Vertrauensfrage nicht sofort stellt: Er möchte bis zum Jahresende noch einige Beschlüsse durchbringen. In seiner Rede nannte er den Ausgleich der kalten Progression, die Stabilisierung der gesetzlichen Rente, die Umsetzung der Regeln des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems und Sofortmaßnahmen für die Industrie.
Dies wird jedoch nur in Kooperation mit der Opposition möglich sein, da Rot-Grün nicht über die Mehrheit der Stimmen im Bundestag verfügt. Scholz kündigte daher an, er werde mit Oppositionsführer Friedrich Merz (CDU) sprechen.
Die Ampel und das Altersvorsorge-Depot damit vor dem Aus?
Ist das womöglich das Aus für das viel diskutierte, staatlich geförderte, Altersvorsorge-Depot? Thomas Soltau, Chef von Smartbroker+, hat sich bereits enttäuscht auf LinkedIn geäußert:
„Wir waren so nah dran, dass die private Altersvorsorge revolutioniert wird. Der 113-seitige Gesetzesentwurf ist seit Wochen fertig, und der Kabinettsbeschluss war für November geplant. Jetzt jedoch dürfte der Entwurf wieder in der Schublade liegen. Die Ampel wird nichts mehr beschließen – die Koalition wurde gekippt. Letzte Woche, bei einem Event rund ums Altersvorsorgedepot, hat Lindner über die Ampel noch gelacht, jetzt hat er sie gekippt.“
Bei den Beschlüssen, die die Regierung noch durchbringen möchte, nannte Scholz zwar auch die Stabilisierung der Rente, damit wird vermutlich aber eher das Rentenpaket II gemeint sein. In jedem Fall hängt die Durchsetzung der Beschlüsse aber maßgeblich von der CDU ab. Selbst wenn das Altersvorsorge-Depot Teil davon wäre, ist die Umsetzung aktuell also fraglich.
Ebenso unklar ist, ob die FDP bei Neuwahlen so viele Stimmen erhält, dass sie Teil einer neuen Regierung wäre. Aktuell steht sie in Umfragen bei drei bis vier Prozent, was der Partei den Einzug in den Bundestag nicht ermöglichen würde.
Das Altersvorsorge-Depot gilt als Prestige-Projekt der FDP unter Christian Lindner – es wird sogar mit dem Namen „Lindner-Rente“ bezeichnet. Es ist deshalb unwahrscheinlich, dass ein künftiger Finanzminister einer anderen Partei diese Reform unverändert übernehmen wird.
Trotzdem sollte die Hoffnung noch nicht ganz begraben werden: Für die meisten Parteien ist klar, dass private Altersvorsorge gefördert und die Riester-Rente reformiert werden muss. Gut möglich also, dass der bisherige Entwurf einer neuen Regierung zumindest als Basis für eine eigene Gesetzgebung dienen wird. Wir halten dich zu diesem Thema über unsere Kanäle weiter auf dem Laufenden.